1. Der Film in einem Satz:
Citizen Kane auf Koks an der Wall Street: GREED IS FUCKING GREAT.
2. Darum geht‘s:
Der junge Aktienhändler Jordan Belfort (Leonardo DiCaprio) arbeitet sich an der Wall Street hoch und wird zu einem der reichsten Broker seiner Zeit. Seine Methoden sind unkonventionell, sein Selbstbewusstsein und seine Partywut selbst für die dortigen, dekadenten Verhältnisse legendär. Seinem rasanten Aufstieg folgt natürlich auch ein Fall – aber für die längste Zeit des Dreistundenfilms beschäftigt sich Scorsese mit der Hausse, dem Hoch, dem High. Und wie.
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Ganz ehrlich: ich hätte nicht gegelaubt, dass Martin Scorsese so einen Film noch in sich hätte. Nicht nur, dass es der beste Scorsese seit langer, langer Zeit ist, sondern auch was für ein Film “Wolf Of Wall Street” geworden ist. Eine einzige Feier des Absurden, Wilden, Unbändigen, die ein irres Tempo anschlägt, keine Rücksicht auf nichts, niemanden, political correctness, Moralempfinden oder Sensibilität nimmt, sondern mit einer Vehemenz alle vorgeblichen Grenzen bricht, dass einem der Atem stockt.
Wie erbärmlich doch Oliver Stones “Wall Street”-Fortsetzung im Rückblick dazu wirkt! Ja, wie zu kurz springend selbst der legendäre Orginal-“Wall Street” mit seinem “Greed is good”-Mantra scheint – das Motto des Wolfs ist eher GREED IS FUCKING GREAT. In Großbuchstaben. Ja.
Selbst die Schauspieler wirken wie auf Drogen, überdreht an den Anschlag, zur Eigenkarikatur verkommen – aber im Kontext dieses Wirbelwinds von einem Film ist selbst das keine Kritik, sondern nur schlüssig. Ein Leonardo DiCaprio, der hier den Prototyp eines Verkäufers spielt, an dem sich jede Figur dieser Art ab jetzt messen lassen muss. Ein wunderbarer Matthew McConaughey, der in seinen fünf Minuten Spielzeit so sensationell ist, dass man ihm allein dafür einen Nebendarsteller-Oscar in die Hand drücken möchte und bei dem die ganzen letzten (überraschend beeindruckenden) Jahre seiner Karriere (“Killer Joe“, “The Counselor”) in dieser Rolle kulminieren.
Wenn Martin Scorsese nun noch den Niedergang des Jordan Belfort mit ein wenig mehr Interesse verfolgt hätte und nicht als pflichtschuldige Übung in zwanzig Minuten abhandelte, dann wäre “Wolf Of Wall Street” nicht nur einer der besten Filme des Jahres, sondern einer fürs Jahrzehnt geworden. So ist der Aufstieg ähnlich mitreissend wie in Orson Welles “Citizen Kane” damals, der Abstieg erreicht aber bei weitem nicht die tragische Dimension des Welles’schen Megalomanen-Portraits.
Davon abgesehen: eine wildere Fahrt wird man 2014 im Kino kaum erleben als mit dem “Wolf Of Wall Street”.
3. Der beste Moment:
Unzählige over-the-top-Momente, die dennoch funktionieren. Als Beispiel sei die Einführung in Wall Street – Gepflogenheiten durch McConaughey genannt oder die absurde Komik, die aus einer Quaaludes-Überdosis erzeugt wird, während der sich Jonah Hill und DiCaprio ein Slapstick-Duell liefern, das man so wirklich nicht in einem Scorsese-Film erwartet hätte.
4. Diese Menschen mögen diesen Film:
Die Frage lautet eher: wer könnte den Film nicht mögen?
Man darf sicher keine Verurteilung der Aktienhai-Mentalität erwarten, sollte prinzipiell den Hedonismus lieber zum engeren Freundeskreis zählen und weder mit der Darstellung von unnötiger Nacktheit noch überreichem Drogenkonsum ein Problem haben.
* Regie: Martin Scorsese
* imdb
Einspruch:
Der Film besteht aus 3 Stunden herumschreien, fluchen, Drogen schlucken. Die Charaktere sind platt, die Story vorhersehbar. Fazit: Zeitverschwendung.
Korrekt:
Matthew McConaughey wird immer besser. Recht vielversprechend gestartet ist gerade die TV-Serie “True Detective” mit Woody Harrelson.