Lässt man sich mit Christoph Waltz auf ein Gespräch ein, das etwas tiefer geht als der übliche Hollywoodstar-Smalltalk dann erweist sich Waltz als erstaunlicher Gesprächspartner. Er gibt sich nicht nur reflektierter als die meisten seiner Starkollegen, sondern durchdringt das Wesen seiner Filme mit erstaunlicher analytischer Schärfe – welcher zweifache Oscarpreisträger gibt schon solche Statements wie die folgenden ab, wenn er sich auf Promotour für eine 230-Millionen-Dollar-Mega-Produktion befindet?
Im Gespräch mit David Steinitz von der SZ zerpflückt Waltz hier einmal schnell das Prinzip James Bond und Bondbösewichte:
Waltz: Im Fall von James Bond ist die Bezeichnung (des Gegenspielers, Anm.) Bösewicht schon richtig. Es ist lustig zu sehen, dass bei Bond, trotz des ganzen Effektspektakels, eigentlich immer noch die Kriterien des Provinztheaters des 19. Jahrhunderts angewandt werden.
Bond ist eine Fortsetzung des Volkstheaters. Insofern ist das Volkstheaterpersonal hier auch archetypisch vertreten. Es gibt den Helden, der im süddeutschen Raum aber eben nicht als James Bond, sondern als Kasperl bekannt ist. Um ihn herum scharen sich zum Beispiel die Großmutter als moralische Autorität, der Polizist als staatliche Autorität und der Seppl als bester Freund. Diese Typen finden Sie übertragen auch in jedem Bond-Film.
SZ: Und natürlich den Rüber…
Waltz: Genau. Der Räuber ist die klassische Verkörperung des Antagonisten im Volkstheater – neben dem Tod oder dem Krokodil. Wenn man bei Bond parallel also schlicht vom Bösewicht spricht, bin ich damit absolut einverstanden. Man kann im Kaperletheater ja auch nicht plötzlich umständlich vom Krokodil behaupten, es wäre kein Krokodil, sondern ein Gefährdungsreptil.
SZ: Sie sind also gerne Räuber.
Waltz: Ich bin mir bei „Spectre“ gar nicht so sicher, ob der Bösewicht wirklich ein Räuber ist. Dieser „Franz Oberhauser“ hat eine gewisse mythologische Tragweite. Er ist also mehr so etwas wie eine Mischung aus Krokodil und Tod.
SZ: Zum klassischen Bond-Bösewicht, gerade wenn er von deutschsprachigen Schuaspielern wie Gert Fröbe oder Klaus Maria Brandauer gespielt wird, gehört stets eine gewisse Schlawinerhaftigkeit.
Waltz: Das ist in den genannten Beispielen natürlich richtig, aber eben auch vom jeweiligen Einzelfall geprägt. Denn der Schlawiner ist kein klassischer Archetyp wie das Krokodil.
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