vonChristian Ihle 28.09.2018

Monarchie & Alltag

Neue Bands und wichtige Filme: „As long as the music’s loud enough, we won’t hear the world falling apart“.

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Bereits mit ihrem letztjährigen Debütalbum zeigten IDLES, welch dringend benötigte Stimme hier heranwächst. Allein für den Chorus in „Mother“ „The best way to scare a Tory is to read and get rich“ und den Einschub „Sexual violence doesn’t start and end with rape / It starts in our books and behind our school gates / Men are scared women will laugh in their face / Whereas women are scared it’s their lives men will take“ hatten IDLES ihren Song des Jahres Platz verdient.

Nur ein gutes Jahr später erscheint bereits das zweite Album und überspringt die hohe Messlatte der ersten Platte noch einmal locker. War das Debüt „Brutalism“ noch stark vom Übersong „Mother“ dominiert, ist „Joy as an Act of Resistance“ in jeder Hinsicht ein Schritt weiter.

Es ist harscher und kompromissloser wie im Eröffnungssong „Colossus“, der das Dronig-stampfende mit dem Punkig-wilden verheiratet (und natürlich schon wieder Textzeilen für Wandgraffitis liefert: „I’m like Stone Cold Steve Austin / I put homophobes in coffins / I’m like Fred Astaire / I dance like I don’t care“).

Doch zugleich ist „Joy as an Act of Resistance“ auch zugänglicher und – sagt es leise – poppiger als „Brutalism“, ohne dabei aber nur ein Jota seiner Wucht zu verlieren, sondern im Gegenteil die Zugänglichkeit wie ein trojanisches Pferd zu verwenden. Während „Mother“ und seine Kampfeszeilen aufgrund der Rauheit des Songs wohl doch nur bei den eigenen Followern verfangen hat, ist „Danny Nedelko“ ein Punk-Hit mit „Yeah Yeah Yeah“-Chorus und unwiderstehlicher Melodie, hat aber Lyrics, die gerade jetzt wichtiger sind als irgendwelche andere Zeilen in diesem Jahr:

My blood brother is an immigrant
A beautiful immigrant

My blood brother’s Freddie Mercury
A Nigerian mother of three

He’s made of bones, he’s made of blood
He’s made of flesh, he’s made of love
He’s made of you, he’s made of me
Unity!

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Das dazugehörige, wunderbare Video mit dem echten Danny Nedelko in der Hauptrolle (polnischer Migrant und Sänger von Heavy Lungs) unterstreicht das nur noch. Die Essenz von „Joy as an Act of Resistance“ und der Sinn dieses Albumtitels liegt genau in diesem Song, diesem Video und diesen Lyrics!

So könnte ich das restliche Album durchdeklinieren und zum Beispiel den Anti-Brexit-Song „GREAT“ loben („Blighty wants her blue passport / Not quite sure what the union’s for“) oder einfach jetzt den Laptopstift fallen lassen und mit gestreckter Faust und dem Wunsch nach „Unity“ im Herzen zu diesem Album tanzen.

IDLES sind die wichtigste, größte Band des Moments.

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