Je Suis Karl (Regie: Christian Schwochow)
Ein Bombenattentat in Berlin. Nach einem sehr stark inszenierten ersten Akt, der sowohl eine betroffene Familie einführt als auch die Tat selbst zeigt, wird schnell klar, dass Christian Schwochow nicht an einem Terror-Thriller gelegen ist, sondern dass er die Mechanismen und Methoden der Neuen Rechten entblössen will. Das gelingt zunächst gut, denn „Je Suis Karl“ ist weit entfernt vom dumpfbackigen Skinhead-Klischee und hat mit dem hervorragend smart spielenden Jannis Niewöhner als Verführer In Chief das notwendige Charisma besetzt, um die Anziehungskraft glaubhaft zu machen.
Leider entgleist Schwochow im letzten Drittel „Je Suis Karl“, wenn die False Flag Operationen der Neuen Rechten zu Ende gedacht werden – weder sind die Entscheidungen der Charaktere nachfühlbar noch ist der Fortgang an sich spannend. Das hat bei einem ähnlichen Thema zuletzt Jan Komasa in „The Hater“ (auf Netflix zu sehen) mit mehr Panache erzählt.
Forest: I See You Everywhere (Regie: Benedik Fliegauf)
Sechs Kurzgeschichten aus dem kontemporären Ungarn – jede besteht im Grunde aus einer Szene, einem Raum und wird von einer Handkamera gefilmt. Ein minimalistisches Set Up, das an die Dogma-Anfänge erinnert.
Dass jede dieser Geschichten fesselt, liegt an den sehr gut geschriebenen Dialogen und der überzeugend natürlichen Präsentation.
Das Menschenbild von Regisseur Benedek Fliegauf scheint mir allerdings keines der allzu fröhlichen Sorte zu sein, sind die größten Hoffnungsschimmer in diesem Film doch, dass sich ein Auftragskiller zu einem Auftragsmord überreden lässt und dass ein Kind von zuhause abhaut und seine beiden Kumpels trifft.
Vorangegangen sind hitzige Diskussionen über Gott und Wunderheiler, über Schuld und Vertrauen. Jede einzelne dieser Geschichten erschüttert, stößt ab und lässt verzweifeln.