Aus Zuschriften an die taz:
„Aus tiefster Seele will auch ich meine analoge TAZ lesen!!! Mit Blättern, Rascheln, Kaffee kleckern, Genießen, wann und wo ich will, ohne Strom, Kabel, PC, Tablet, nicht vorhandenem Smartphone.“
„Zeitung lesen ist , wie Bücher lesen, auch ein Gefühl, lesen, kurz weglegen, Papier raschelt, das alles gehört dazu.“
„Eine Zeitung in den Händen zu halten, unabhängig von Stromnetz, Internet, Bildschirm, und Akkukapazität ist ein Vorgang der Versenkung.“
„Ich will weiter Doppelseiten weit mit beiden Armen aufschlagen und mir einen Doppelseiten-Überblick verschaffen und ihn genießen. Ich will mit bunten Stiften Wichtiges anstreichen.“
Hasst die taz Papier? Nachdem im Sommer 2018 verkündet wurde, dass die taz perspektivisch ihre Werktagsausgabe auf ein digitales Format umstellen wird, erhielten wir viele Briefe von Leser:innen, die davon überzeugt schienen. Das Rascheln der Blätter, die Möglichkeit, Texte anzustreichen oder auszuschneiden, an die Wand zu hängen oder per Post zu verschicken: Das sind Dinge, die viele taz-Leser:innen schätzen – aber in der taz jetzt auf einmal verpönt sein sollen?
Meine Aufgabe in der taz ist ein guter Beweis dafür, dass das nicht so ist. Als Produktentwicklerin für die neue taz-Wochenzeitung kümmere ich mich jeden Tag um die gedruckte Zeitung der Zukunft. Denn in der taz hassen wir kein Papier. Sondern wir wollen, dass es die taz auch in Zukunft und auf lange Sicht geben wird, und zwar auf so vielen verschiedenen Kanälen, dass wir so viele Menschen wie möglich erreichen.
Also machen wir eine bessere Website, eine schönere tageszeitungs-App, wir machen Veranstaltungen, Podcasts und Videos. Und wir machen eine gedruckte Zeitung. Momentan als Tages- und Wochenendzeitung und zukünftig als Wochenzeitung. Eine Wochenzeitung, die auch fünf Tage nach ihrem Erscheinen noch aktuell ist, die man jeden Tag am Kiosk kaufen kann und die so dick ist, dass sie Lesestoff bietet, bis die neue Ausgabe da ist. Eine Wochenzeitung, die jeden Samstag im Briefkasten liegt, die raschelt, Kaffeeflecken aushält und mit den anderen Menschen am Frühstückstisch geteilt werden kann.
Unsere Website wird stetig verbessert, die neue tageszeitungs-App wurde pünktlich zu letzten Genossenschaftsversammlung veröffentlicht, und die Wochenzeitung entwickeln wir gerade. Wir diskutieren, aus welchen Teilen sie bestehen soll, welche Formate wir behalten und welche wir neu erfinden wollen, wie der Titel aussieht und wie die allerletzte Seite – ich werde bald davon berichten können, was wir uns da so ausdenken. Die taz ist zwar bekannt dafür, dass ihre Redakteur:innen am Ende sowieso machen, was sie wollen, aber meine Aufgabe ist es auch, dafür zu sorgen, dass die Wünsche und Bedürfnisse unserer Leser:innen und Unterstützer:innen in diesem Prozess Raum finden. Dank unserer regelmäßigen Befragungen sind wir über diese zum Glück bestens informiert.
Sie beneide uns um unseren „eindeutigen Markenkern“ und die „spitze Zielgruppe“, sagte eine Führungskraft eines großen deutschen Medienunternehmens mal zu uns taz-Produktentwickler:innen. Wir sind darüber ebenfalls froh, denn ohne Unternehmersprech heißt das: Wir wissen, was wir machen, warum wir das machen und für wen wir das machen. Digital und analog, jetzt und in Zukunft.
Von Malene Gürgen, Produktentwicklerin Wochenzeitung