vonfrida 25.08.2023

Frida, ich und du

Intimer Umgang mit Schmerz und Leid des Menschen in ihrer jeweiligen Rolle: Sozialisation, mothering, Feminist

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Liebe Menschen in den 40igern und 50igern,

glaubten wir nicht immer, dass wir nur den Richtigen, den zu uns und unseren Macken passenden, idealen Menschen finden müssen, damit wir bis ins hohe Alter glücklich werden / sein können?! Dass wir natürlich immer an uns arbeiten, um immer reflektierter und beziehungsfähiger zu werden, bzw genauer zu wissen, wer zu uns passt, welche Kompromisse wir eingehen können?

Haben die meisten nicht lange lange gesucht, bis sie mit einem dann eine Familie gegründet haben, der vielleicht irgendwie auch nicht so mega ideal war, aber eben bereit dafür, zu der Zeit und ökonomisch nicht ganz verkehrt?!

Wo bist du inzwischen gelandet?

Versuchst du noch immer alles richtig zu machen?

Ich habe viel, sehr viel darüber nachgedacht und sehe zwei immer wiederkehrende Konfliktpunkte.

Der eine, noch leicht zu greifende Konflikt liegt darin, dass ich in einer patriarchalen Gesellschaft lebe, von klein an weiblich sozialisiert wurde und mir immer Partner innerhalb dieser gesellschaftlich angelegten Ansprüche gesucht habe. Die damit verbundene ideale Rolle ist die caring betreibende Frau gegenüber dem Mann, dessen individuelle Entwicklung im Mittelpunkt ihrer gemeinsamen Beziehung steht.

Dabei gibt es nicht den guten Mann und auf der anderen Seite den bösen Mann. Sicherlich gibt es mehr oder weniger passende Interessen, Lebensphilosophien, Werte, Ziele, Umgangsformen usw., die den einen oder anderen attraktiver und passender erscheinen lassen. Aber im Endeffekt läuft es immer auf das selbe Problem hinaus: In der Partnerschaft können die Rollen vielleicht noch relativ ausgeglichen sein und die Kämpfe darum immer mal wieder verhandelt oder phasenweise relativiert werden, wenn beide Eltern werden, geht das aber nicht mehr.

Und viele weiblich geborene Menschen unserer Zeit haben neben der Sozialisation im caring auch noch mitbekommen, dass wir doch jetzt alle total gleichberechtigt sind, oder siehst du das im Nachhinein etwa anders?!

Der zweite Konflikt ist sehr viel schwieriger zu greifen.

Denn ihm liegt zugrunde, dass wir in eine Zeit geboren wurden, in der unsere Zukunft und die der deutschen Gesellschaft ziemlich planbar und insofern sicher aussah. Ich unterstelle unserem Wiegenlied sogar, dass wir dazu ausersehen waren, zu beweisen, dass jetzt alles gut ist und für immer sein wird.

Aber das ist natürlich unsinnig, wenn wir ernsthaft darüber nachdenken. Auch in unserer Kindheit wurden Kinder misshandelt, Ehefrauen verprügelt, soffen die Eltern, verzweifelten schwule Väter, wurden Schrei-Babys in dunkle Keller geschoben, verzweifelten Mütter an ihrer Rolle, starben oder verschwanden Menschen mysteriöserweise. Dies alles sind Krisen gewesen. Doch sie wurden so nicht wahrgenommen und erst recht nicht benannt. Noch viel stärker als heute war die Familie privat; nur die ganz schlimmen Fällen kamen vors Gericht oder gar zum Psychiater. Aber so lange das nicht passierte, gab es keine Krisen, dann war doch alles richtig; eine normale Familie, so das gängige Narrativ.

Fehlt nun aber die Bewertung, dass es auch in den „normalen“ Familien Krisen gab, dann fehlt eine Selbstpositionierung und damit ein selbstständiger Umgang mit Krisen.

Allgemein wird einem Familienkanon gefolgt und da sind genau die gerade allgegenwärtigen Verhaltensmuster schon etabliert: der Mehrheit anpassen, keine eigene Position, das Denken ausschalten, Sündenböcke suchen, sich in einem gesellschaftlichen “Recht“ und damit richtig zu fühlen, um die Unsicherheit nicht zu empfinden und insofern auch gar nicht selbst gestalten zu können oder müssen.

Und somit hängen wir mit Mitte 40 oder Mitte 50 unglücklich (aber stabil) in einer Paarbeziehung und scheuen uns, uns selbst mehr wahrzunehmen und damit gar das Narrativ einer normalen Familie infrage zu stellen.

Oder wir hampeln (mal wieder) am ersten Konflikt herum und suchen da draußen nach dem netten, dem guten Mann und hoffen, dass er sich innerhalb der Beziehung nicht auch schon wieder über unsere Bedürfnisse erheben wird.

Wie immer, habe ich keine Lösungen, aber ich habe Wege in mögliche Richtungen gefunden: Dinge auch einfach mal alleine machen, Selbstliebe, Stille, ich darf…, ich möchte lieber nicht, Menschen aus anderen Generationen zuhören, richtig und falsch einfach mal beiseite schieben, sich erlauben zu failen und nicht immer konstruktiv zu sein!

 

Liebesbeziehung • Familie I: Sozialisierte Illusionen

Liebesbeziehung • Familie III: Mothering in Kri(eg)sen

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