Ist das nötig?
Wo sich der Kitsch, im Kopf eines Individuums, zu einer Wolke verdichtet, steht dahinter eine gesellschaftliche Frage.
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Das 21. Zeitalter ist die Epoche des unvollkommenen Denkansatzes.
Ansätze und Gedankenanstöße. Das Fragment erhebt sich aus den Ruinen erhabener prosaistischer Dichtung. Der fragmentäre Anspruch stürzt das Handwerk langatmiger Romanciers.
Das Fragment, als literarische Ausdrucksform, muss massenkompatibel werden.
~ Charlie Manello (latenter Lyriker, dystopischer Dramatiker, zynischer Zeitgeist)
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Nackt und entblößt versteckt sich einer hinter großen, rotleuchtenden Neonbuchstaben, die aus einer glatten weißen Fläche wachsen und das Wort Love bilden. Wie eine Werbereklame.
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Es war vielleicht der schönste Sommer meines Lebens. Ich habe einmal gelesen; auf die Dekadenz folgt der Niedergang. Bedeuten diese beiden Worte nicht ein- und dasselbe? Vielleicht stimmt es, also, das, was ich gelesen habe. Es war jedenfalls der schönste Sommer. Schwer vorzustellen, dass es so weitergehen würde. Jetzt war Herbst. Wir lehnten uns am Stamm des alten Apfelbaumes, dessen Äste sich aufgrund der schweren Last durchbogen. Gedankenversunken zupfte ich Apfel für Apfel von dem dünnen Zweig – der ein Baldachin über meinem Kopf formte und in Reichweite meiner Arme war – biss immer aufs Neue hinein und warf sie in die hohe Wiese, die uns umgab. Sie war auch dabei. Wir hatten heute beide frei. Sie bat mich sie zu portraitieren, da ich dabei höchst stümperhaft vorging, brachte ich den Vorschlag sie zu beschreiben. Ich nahm ihr das Malzubehör ab, kaute nachdenklich auf dem Stück Kohle. Meine Zähne waren ganz schwarz. Dann entkleidete ich sie gemächlich und beschrieb ihren Körper auf dem Notizblock in meinem Schoss. Ich ging dabei höchst professionell vor.
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Mars zur Erde: Gib Acht auf deine Kruste! Mikroben, überall Mikroben auf dir! Ganz aufgebläht! Ungesund siehst du aus! Die haben dich ganz schon im Griff und erst diese unschönen Pappeln.
Erde zum Mars: Was solls. Lasse sie in Ruhe machen, nicht mein Problem. Nur mit der Ruhe, nur mit der Zeit. Die Pusteln platzen schon irgendwann auf und dann fließt die gelbe Soße und sie verschwinden in ihrem eigenen Eiter.
Erde gähnt. Nur mit der Ruhe.
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Jetzt ist Winter. Das Seltsame ist, das es in einem Raum voller Menschen trotzdem kalt ist.
In den Schlaf gefallen. Die Träume sind schöner als die Realität. Jeden Tag ist Weihnachten.
Zuweilen bin ich Abends oft in Klubs. Es sind die letzten Paradiese. Mit jedem Schluck aus meiner Bierflasche senkt sich der Druck.
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Erste Lektion zur Zerstörung der kapitalistischen Weltordnung
Professor:
Studentinnen, Studenten – herzlich Willkommen.
Ziel unserer heutigen Darbietung sind Konzepte.
Konzepte, die wir finden, finden wollen und werden.
Kapital? Wie zerschlagen wir das Kapital?
Ausführend halten wir fest, dass das Kapital definitv zu einem kontinuierlich näherrückenden Zeitpunkt zerschlagen wird. Letztendlich zerrt der Kapitalismus an sich selbst und wird verglühen.
Der Kapitalismus schafft sich selbst ab. Doch mit ihm werden auch wir abgeschafft.
Der Kapitalismus ist ein menschengemachtes System, das sich verselbstständigt hat und über das wir die Kontrolle verloren haben.
Unser Untergang.
Bitte notieren!
Lösungen! Haben wir Lösungen? Alternativen! Haben wir Alternativen?
Was ist das Urproblem des Kapitalismus? Letzten endes vielleicht so, was hat die Kreatur Kapitalismus erschaffen?
Der Mensch, letzten endes; was am Menschen?
Maslow war ein Genie!
Hunger, Durst, Kleidung, Wohnung.
Danach, was wollen wir dann?
Mehr, immer mehr?!
Soziale Kontakte, klar?!
Danach? Sicherheit?! Ja unbedingt!
Selbstverwirklichung? Klar, aber schönes Wort?
Erreicht ja, nein?!
Danach Unendlichkeit! Unmöglich!
Die Spitze der Pyramide ist umöglich.
Der Kurzschluss unserer Gedankenspiele.
Wir können uns keine Unendlichkeit vorstellen, streben aber unablässig danach.
Unmögliches Unendlichkeitsdenken, das all das Prozedere darauf ausgelegt ist; klar!
Marietta? Klarer Einwand!
Marietta sagt, meine Großmutter sitzt im Rollstuhl, die strebt nicht nach Unendlichkeit.
Korrekt!
Hypothetisch angenommen; ich torpediere seit 20 Jahren meine Lunge mit Zigaretten, was ich nicht tue, habe seit 2 Jahren aufgehört und erkranke an Lungenkrebs. Strebe ich dann noch nach Unendlichkeit? Wohl kaum, Gesundheit.
Gesundheit, erste Stelle und oberstes Gebot.
Bitte, stellen Sie sich alle vor, sie wären schwer krank oder haben Angst vor irgendetwas!
Das müssen Sie schon zugeben; Größenwahn, Unendlichkeit, aber wirklich alles dergleichen ist JETZT unrelevant.
Und wenn die Angst überwunden ist, laufen die Mühlen doch schon wieder an? Also der Ausgleich unserer defizitären Programmierung ist temporär.
Die Lösung müsste demnach permanenter Natur sein!
Angst zerschlägt das Streben nach Größenwahn und Unendlichkeit.
Im Umkehrschluss zerschlägt Angst somit die Ursachen des Kapitalismus und damit den Kapitalismus selbst.
Wir retten alle unser Dasein!
Ihre Hausaufgabe retten Sie alle unser Dasein! Sorgen Sie für unsere Daseinsberechtigung!
Wie?
Keine Ahnung!
Erfinden Sie irgendeine Medizin!
Die Grundlagen hierfür kennen Sie, die Prinzipien haben Sie verstanden. Mehr müssen Sie nicht wissen. Der Erfinderin/ dem Erfinder winkt Ruhm und Ehre auf alle Ewigkeit.
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Depression ist die neue Epidemie des Geistes. 100 Jahre – Ding Dong – und wir sind moderne Expressionisten. Wir sind Hoddis und Lichtenstein. Es sind die Geister, die wir riefen.
Ob wir wollen oder nicht, diese Zeiten bringen uns dazu.
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Am Anfang steht ein Gedankenexperiment, rund um die Fragestellung des Inhalts und Werts der menschlichen Ethik.
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_Hast du Angst?
_Wovor?
_Meinst du das ernst, du hast viele schlimme Dinge getan. Vielleicht kommt eines Tages die Revanche?
_Ich habe Dinge getan, die mir in manchen Momenten in den Sinn kamen, ich hatte das Bedürfnis sie zu tun. Weswegen soll ich da Angst haben?
_Was wenn sie dir auch widerfahren?
_Dann ist es so und es liegt nicht an mir, das zu ändern. Ich glaube nicht wirklich an Gerechtigkeit. Aber wenn es so sein sollte, ist es doch Recht und Billig, nicht wahr? Also warum sollte ich mich dann fürchten?
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Ich stehe am Ende der Welt. Eine Silhouette läuft auf mich zu. Ich glaube sie zu erkennen, rufe ihren Namen. Keine Ahnung, wie ich hierher kam und wieso sie hier ist. Neben mir ist das aufgepeitschte Meer, es schlägt hohe Wellen, die Gischt schlägt um meine Augen, raubt mir die Sicht. Ich laufe auf sie zu und knicke wieder ein. Mein nasses Hemd klebt fest an meinem Körper, ich knicke ein, es fällt mir schwer, immer wieder aufzustehen. Dann ist sie bei mir. Ohne Worte, verschlingen wir uns und fallen auf die Knie. Vor uns liegt das zornige Meer. Am Horizont brennen einige Lichter, es sind Ölplattformen. Das Meer vor uns ist tief, ich umklammere sie und blicke auf den Grund, der blaue Spalt einer riesigen Muschel öffnet sich.