vongnu 20.01.2020

GNU – Literarische Grotesken

Damals wie Heute das zynische Lächeln über die menschliche Irrfahrt. | © Fabian Fox Fotografie

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Andere sitzen am Stammtisch.
Sie allabendlich in der Kneipe, heißt Tresen.
Zwischen Pilsner Bieren wird Politik gemacht.
Ununterbrochen plätschert der goldene Hahn, die Gedankenlektüre im Fluß.

Feurig wird es erst um Mitternacht.
Die Verve steigt mit den Volumenprozent.
Rauher werden die Nächte dort.
Und wenn alle schlafen und das Licht angeht, eilen sie auf die Straße.
Gellende Rufe ertönen, die Faust droht dem Häusermeer.
Es ist vier Uhr, keine Menschenseele und doch sind sie nicht alleine.

Die Geister der Großen sind dabei, unvergessene Worte werden wach.
Es sind immer nur die Taten gewesen.
Die Statuetten stieren gleichgültig mit herablassenden Stolz.
Oh, ihr Ahnenbilder aus Beton.
Oh, der unvergessliche Sinn der ideologischen Pamphlete.
Der Thesenanschlag erfolgt mit rotem Lack und heißt kein Eigentum.
Alles lodert, das Revier markiert das Epizentrum der Utopie.
Vielleicht klaubt ein Räuber noch einen hellen Stern vom Himmel, nimmt ihn sich als Pfand.
Eine Trophäe oder ein Statement. Klar, ein Denkzettel zumindest. Jedenfalls sind Sie alle Räuber und die Blinden schauen auf, wenn was grell glänzt.
Auch die Kirche liebt die Allegorie.
Rot, das ist das Feuer, der Zorn der organisierten Umwälzung oder das vergossene Blut der Produktionsmittel.

Wieder zuhause weht die proletarische Großtat in der Küchenzeile nach.
Der Alkohol sediert die Glieder nach getaner Arbeit.
Die Weltrevolution scheint zum Greifen nah.
Für den Moment ein sinnlicher Schlaf.

Am nächsten Morgen lacht wieder die gleiche Sonne durch geschlossene Läden.
Zum Kater gesellt sich der Weltschmerz. Der vielleicht sogar auch nur Ausdruck des Letzteren ist.
Rote Farbe klebt noch am Nagelbett. Das abblätternde Relikt einer besseren Stunde.
Als alles noch gut werden konnte.
Eine Gesellschaft ist nur so gut wie ihr Alkohol.
Es gibt also noch einiges zu tun, die internationale Solidarität fest im Fadenkreuz.
Der müde Körper schleppt sich fort.
Zwischen Fastfood-Store und Unibank gibt es ausreichend Zeit für Reflexionen.
Es ist noch nicht ausgereift, aber es geht weiter. Wir sind praktisch in der Schule.
Am Tag noch die Prozedur des Lernens, eine Hausarbeit. Theorie und Thesis.
Das systematische Verstehen.
Am Abend schon Marx. Aufs Neue. Wir sind schon weiter. Es kann weitergehen. Die Not stimmt und die Noten auch.
Und der Ansatz ist schon da. Die Denkerbeuge zum Wohle des Proletariats.
Ein letzter Gang zum Bankautomaten. Es reicht noch aus, der Staat war heute schneller, zum Glück.
Nächste Runde, neues Glück.

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