„Koch war geistesgegenwärtig genug , dass er sich im Fallen so drehte, dass die Frau auf ihn fiel. Und dann lagen sie da, sie auf ihm, die Gesichter nur wenige Millimeter voneinander entfernt und sie starrten sich an. Im Hintergrund begannen die Frauen zu lachen, ein befreiendes Lachen aus vollem Hals, ohne Bösartigkeit oder Häme, einfach ein Lachen über die Situation, die das Elend für einige Momente vergessen ließ.“
Elend, Trümmer, Verlorene, Vergessene, Verwirrte, Vertriebene, Täter, Opfer – das Jahr 1946 kennt keine Normalität. Nichts ist vergangen. Gar nichts. Überall Spuren von Verbrechen. Von alten, von neuen. Es ist mühsam, irgendeine Ordnung aufzurichten, die haltbar wäre. Und doch versuchen sie es. Paul Koch zum Beispiel, Kriminalkommissar in Mainz, war schon 1934 aus Nazideutschland Richtung Paris geflohen, dann Spanien, Internationale Brigaden, „unbelastet“ nennen sie ihn im Nachkrieg , brauchen jeden sauberen Charakter, hassen den Emigranten dafür, daß ihn nichts im „Reich“ halten konnte, auch nicht die „Volksgemeinschaft“. Heimgekehrt sind ihm die Reste dieses Volks fremd, er spürt Widerstand, Ablehnung und doch ermittelt er gegen Täter, setzt sich durch – schwer genug. Findet Freunde. Auch Liebe.
Jürgen Heimbachs Plot von „Unter Trümmern“ (Pendragon-Verlag) hat mir Nacht für Nacht mehr gefallen. Vielleicht gerade deshalb, weil mein eigener Onkel, er nannte sich John, einst als „Swing-Bubi“ gegen all den Nazisound rebelliert hatte und den Amerikanern nach dem Krieg ebenfalls als Kriminaler zur Verfügung stand. Noch vor seinem Tod hat er seine Nachkriegsmemoiren aufgeschrieben. Und sie erzählen Geschichten wie diese: Von Schiebern, Mördern, Vergewaltigern, von Aalglatten, von Davongekommenen. Aber auch von denen, die voller Angst versuchen zu überleben, weiterzuatmen und dann doch irgendwann einmal zuschlagen müssen, um nicht unters Rad zu kommen. Daraus lassen sich vortrefflich Geschichten weben. Historisch kenntnisreiche. Eine davon hat Jürgen Heimbach geliefert. Just read it.