vonChristian Ihle 30.10.2012

Monarchie & Alltag

Neue Bands und wichtige Filme: „As long as the music’s loud enough, we won’t hear the world falling apart“.

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1. Peace – California Daze


[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=GRw_ikcS54A[/youtube]


Die junge britische Band Peace ist neben den Savages (siehe unsere Songs des Monats Juni) und Palma Violets (siehe unsere nächsten Songs des Monats…) die spannendste neue Gitarrengruppe des Königreichs. Wo die einen Siouxsie & The Banshees und die anderen den Libertines huldigen, präsentieren Peace auf ihrer „Delicious“-EP einen erstaunlichen Genre-Mix. Auf dem zehnminütigen Binary Finary – Cover „1998“ erwecken sie die gute alte Madchesterzeit zu neuem Leben, wohingegen „California Daze“ exakt so klingt wie es der Name verspricht: psychedelischer Sonnenbrennpop, der Big Star und Teenage Fanclub genauso ins Gedächtnis ruft wie die zweite Hälfte von „Abbey Road“ der Beatles. Meine anfängliche Skepsis der Band gegenüber hat sich in sonniges Wohlgefallen aufgelöst. Das, meine Lieben, ist ein Hit.



2. Toy – Motoring


[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=VDYMjvdCWpc[/youtube]


Schwer zu sagen, wann genau noch mal Krautrock die Hipster-Musik East Londons wurde, aber mit Sicherheit kann man viel auf den szeneverbindenden Einfluss der Horrors zurückführen. Wo die Horrors allerdings nach ihrem phänomenalen „Primary Colours“ auf Album Nummer 3 hinter den Erwartungen zurück geblieben sind, treten nun Toy auf den Plan. Aus der Asche der Strokes-Kopisten Joe Lean & The Jing Jang Jong entstanden, erinnern Toy überhaupt nicht mehr an die vorherige Band, sondern an Can, Neu! und, ja, eben an die Horrors mit ihrer Fähigkeit das POP in Krautpop groß zu schrieben. „Motoring“ ist ihr bester Song, das ganze Album aber empfehlenswert.



3. Fidlar – Got No Money


[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=6gxRs-b9hPc[/youtube]


Wunderbar rauer, rotziger Punkrock, der von Surfgitarre und den Mondern Lovers ebenso beeinflusst ist wie vom Lofi-Exzess einer Band wie Wavves. Als wir vor gut einem Jahr den ersten Song von FIDLAR entdeckten, waren wir bereits hellauf begeistert, ist hier doch wieder eine Band am Start, die gleich ein Manifesto veröffentlicht: „Wake, Bake, Skate„. Die September-EP mit vier hervorragenden Tracks unterstreicht unsere Hoffnung, von FIDLAR in 2013 eines der interessantesten Debüts präsentiert zu bekommen.



4. Dum Dum Girls – I Got Nothing


[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=spqjNFhL33w[/youtube]


Die Dum Dum Girls hatten immer den look, aber noch nie so wirklich den sound. Die LoFi-Band um Dee Dee Dum Dum war vom ersten Moment an hip an die Schmerzgrenze, aber auf Album Nummer 1 zu krachig ins Rote übersteuert, auf Album Nummer 2 dagegen auf einmal zu handzahm und glattproduziert. Mit der neuen EP aber landen die Dum Dums zum ersten Mal genau in der Mitte, exakt richtig also. Vor allem „I Got Nothing“ schafft es endlich, die ramones’sche Melodieverliebtheit auf den Punkt zu bringen, ohne dabei gleich wie die Bangles zu klingen. Die Gitarre schreddert, die Drums tackern nach vorne, die Melodie schwebt darüber. Damit sind Dee Dee und Kollegen nun Erben für den Pretenders-Thron!


5. Pet Shop Boys – Leaving


[vimeo]http://vimeo.com/48053538[/vimeo]


Als lebenslanger Pet Shop Boys – Fan muss man konstatieren: das neue Album „Elysium“ ist leider tatsächlich eines der schwächsten in der Bandgeschichte geworden. Das mag zum einen an Produzent Andrew Dawson liegen, der im Gegensatz zu, sagen wir, Xenomania bei „Yes“ kaum dazu beiträgt, die Songs zu einem großen Ganzen zu formen – aber ehrlicherweise auch am Songwriting, vermissen wir doch Hooks, Melodien, Refrains. Auch „Leaving“ mag nicht die Popattacke sein, die man normalerweise von den Pet Shop Boys erwartet, doch im Gegensatz zur eurovisionsesquen Vorgängersingle „Winner“ ist hier Subtilität, Melancholie und Grazie am Start. Herausragend vor allem Neil Tennants Lyrics, in denen es ihm gelingt, eine zunächst platte vergangene-Liebe- als-Zombie-Analogie in herzzereissende Aufrichtigkeit zu drehen:

Our love is dead
but the dead don’t go away
They made us what we are
they’re with us every day
Our love is dead
but the dead are still alive
in memory and thought
and the context they provide



Song des Monats Juli/August:


1. Bonnie Prince Billy – I See A Darkness
2. Chromatics – These Streets Will Never Be The Same
3. Chapman Family – No More Tears
4. Frank Ocean – Pyramids
5. Die Heiterkeit – Heiterkeit

Song des Monats Juni:


1. Slime – Auf in den Kampf
2. Crocodiles – Electric Death Song
3. Friends – I’m His Girl
4. Dexys – Lost
5. Velvet Two Stripes – Bottleneck

Songs des Monats Mai:


1. Fehlfarben – Lang Genug
2. Masah Qrella – Fishing Buddies
3. The Cribs – Arena Rock Encore With Full Cast
4. Santigold feat. Karen O – Go!
5. The Cornshed Sisters – Dresden
Extra: Superpunk / Boy Division – Neue Zähne für meinen Bruder und für mich


Songs des Monats April:


1. Die Heiterkeit / Ja, Panik – Für den nächstbesten Dandy wirst du mich verlassen
2. Mystery Jets – Lost In Austin
3. Islet – Funicular
4. Joe Goddard feat. Valentina – Gabriel
5. Blue Angel Lounge – Ewig



Songs des Monats März:


1. Gary – You, Lou and Stephen ca. 1995
2. Breton – Edward The Confessor
3. Rocket Juice & The Moon feat. Erykah Badu – Hey, Shooter
4. The Wave Pictures – Stay This Way A Little While
5. Jacques Palminger & das 440 Hz Trio – Trio von ausnehmender Hässlichkeit


Songs des Monats Februar:


1. Bleeding Knees Club – Teenage Girl
2. Perfume Genius – Dark Parts
3. Beth Jeans Houghton & The Hooves Of Destiny – Dodecahedron
4. Team Me – With My Hands Covering Both of My Eyes I Am Too Scared to Have A Look at You Now
5. Cloud Nothings – Wasted Days
6. Soap&Skin – Wonder

Songs des Monats Januar:


1. Kavinsky – Nightcall
2. Hospitality – Betty Wang
3. Howler – Wailing (Making Out)
4. Tribes – Corner Of An English Field
5. Diametrics – Twat Circus

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