vonChristian Ihle 12.10.2021

Monarchie & Alltag

Neue Bands und wichtige Filme: „As long as the music’s loud enough, we won’t hear the world falling apart“.

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1. Paint It Black von The Rolling Stones

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Ein Kandidat für „überspielt“, aber dennoch mein Song des Jahres 1966. Im Gegensatz zu „Satisfaction“, dessen Kraft aus meiner Sicht über die Jahre doch merklich geschwunden ist, ist „Paint It Black“ auch heute noch ein wilder, düsterer Song, der in meinen frühen Teens zu meinen allerersten Lieblingsliedern überhaupt gehörte (die beiden anderen: „It’s A Sin“ der Pet Shop Boys“ und „Love Will Tear Us Apart“ von Joy Division).

Eine Nummer 1 Single auf beiden Seiten des Atlantiks (und Nummer 2 in Deutschland) ist „Paint It Black“ sicher bis heute einer der zentralen Rolling Stones-Songs aus ihrer großen Ära und wurde dementsprechend häufig auch in anderen Medien eingesetzt. Interessanterweise gerne um den Vietnam-Krieg zu vertonen: sowohl in Kubricks „Full Metal Jacket“ als auch in der Fernsehserie „NAM“ (Original: „Tour Of Duty“) spielt „Paint It Black“ eine wichtige Rolle, was noch mal die Düsternis unterstreicht, die dem Song seine Kraft gibt.

Bei Veröffentlichung ist „Paint It Black“ interessanterweise auf gar kein so begeistertes Kritiker-Echo gestoßen und wurde wegen seines Sitar-Einsatzes als Beatles-Copycat verschrieen, was Brian Jones mit „What utter rubbish“ kommentierte. Ich bin hier natürlich auf Seiten von Brian Jones, ist „Paint It Black“ doch über die Jahrzehnte betrachtet einflussreicher als alle Beatles-Sitar-Songs zusammen, nimmt es mit seiner düster-drogigen Stimmung doch wichtige Elemente des Psych-Rock vorweg und klingt sein Sitar-Einsatz erheblich organisch notwendiger für den Sound des Songs als die Beatles’schen Versuche, die man heute wohl als cultural appropriation schmähen würde, da sie wenig mehr zum Song beitragen als ihn „orientalisch zu flavouren“.

Weitere Rolling Stones – Songs aus 1966, die ebenfalls erwähnt gehören, aber der „1 Song pro Artist“-Regel zum Opfer fielen: vor allem „Mother’s Little Helper“ und „Under My Thumb“.

2. Sloop John B von The Beach Boys

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„Sloop John B“ war die Leadsingle von „Pet Sounds“, des berühmtesten aller Beach-Boys-Alben und ist neben „Wouldn’t It Be Nice“ auch ohne Zweifel sein großer Höhepunkt (gut, „God Only Knows“: auch spitze). Während „Wouldn’t It Be Nice“ eher kompakt und spector-esque ist, hat „Sloop John B“ die „Mini Oper“ – Qualitäten, die Brian Wilson zu dieser Zeit dank Songs wie „Good Vibrations“ (übrigens im gleichen Jahr als Stand-Alone-Single veröffentlicht) zugeschrieben wurden.

Der US #2- und UK #3-Hit ist ein verblüffend komplexes Neuarrangement eines Folksongs aus den Bahamas und übrigens auch ein weiterer Beweis für die Sangesqualitäten der britischen Fußball-Tribünen: als ich vor gut einem Jahrzehnt FC Blackpool gegen FC Arsenal im Londoner Stadion gesehen hatte, stand ich direkt neben dem Auswärts-Fanblock der Blackpool Supporter, die hier im zweiten Spiel ihrer allerersten Premier-League-Saison gleich eine 0:6-Klatsche von Arsenal kassierten – was aber die Blackpool-Fans nicht davon abhielt, über die zweiten 45 Minuten hinweg den Refrain von „Sloop John B“ zu singen und dabei trotz 0:6-Niederlage den „worst trip“ in den „best trip“ zu verädern: „I don’t want to go home / This is the best trip I’ve ever been on“…

3. I’m Not Like Everybody Else von The Kinks

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„I’m Not Like Everybody Else“ war nur die B-Seite zu „Sunny Afternoon“, was wohl daran liegt, dass er weniger wie trademark-Kinks klingt als die A-Seite. Ausnahmsweise übernimmt der jüngere Bruder Dave die Lead Vocals statt Ray Davies (der den Song aber geschrieben hat, ursprünglich übrigens für die Kollegen von den Animals!). Wie der Titel schon verrät, ist „I’m Not Like Everybody Else“ ein großes Statement der Non-Konformität und für Individualität.

4. Friday On My Mind von The Easybeats

http://www.youtube.com/watch?v=rBJLoYd8xak

Der beste „Hoch die Hände, Wochenende!“-Song ever! Die australischen Garagenrocker der Easybeats schrieben diesen Hass-Song über die Arbeitswoche und Hymne auf die freien Tage: „Do the five day grind once more / I know of nothin‘ else that bugs me more / than workin‘ for the rich man“ und kletterten damit bis auf #6 in den britischen Single-Charts (und #18 in den USA). Zurecht, dass die GEMA von Down Under „Friday On My Mind“ Anfang der 2000er zum besten australischen Song aller Zeiten kürte.

5. Sunday Morning von The Velvet Underground

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Velvet Underground ist dank seines Debütalbums natürlich untrennbar mit dem Jahr 1967 verbunden, aber 1966 veröffentlichten die Velvets bereits zwei erste Single: „All Tomorrow’s Parties“ (b/w „I’ll Be Your Mirror“) und „Sunday Morning“ (b/w „Femme Fatale“).

Während die anderen drei Songs dieser beiden 7-Inches den dronig-drogigen Sound der Velvet Underground begründeten, war „Sunday Morning“ als „Hit“ geplant, der aber natürlich nicht eintrat, waren die Velvets doch legendär unerfolgreich zu ihren Lebzeiten. „Sunday Morning“ wurde von Lou Reed ursprünglich auch als Nico-Song geschrieben, dann aber kurzfristig doch von Lou selbst aufgenommen und kann als weiterer Genre-Erfindungs-Song gelten, ist doch das ganze Dream-Pop-Movement ohne „Sunday Morning“ nicht denkbar.

6. This Old Heart Of Mine (Is Weak For You) von The Isley Brothers

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Schon für die 1965er Liste hatte sich mit „Wooly Bully“ ein Song über ein Featuring in der Serie „Das Model und der Schnüffler“ qualifiziert und auch „This Old Heart Of Mine“ ist in dieser besten Fernsehserie der 80er zu finden.

„This Old Heart…“ wurde vom Motown-Stamm-Songwriter-Team Holland–Dozier–Holland geschrieben und war nach frühen Hits wie „Shout“ (1959) und „Twist & Shout“ (1962) mit #12 in den USA und #3 in UK der erste große Erfolg der Isley Brothers in ihrer Zeit beim berühmten Soul-Label.

7. I Hate You von The Monks

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Eine der besten Hymnen der Misanthropie, eingespielt mit fiesem Groove von der Garage-Rock-Kuriosität The Monks und in beispielhafter Reduktion aufgeführt:

Well i hate you baby with a passion yeah you know i do (but call me)
Oh you know my hate’s everlastin‘ baby, yeah yeah yeah (but call me)
Ohhh you know you know you know you know why i hate you baby ? Huh, do you ? (but call me)
Cause because you make me hate you baby, yeahyeahyeahyeah (but call me)

Neben „Monk Time“ der große Knaller im Repertoire der Monks, dieser völlig alleinstehenden Band ihrer Zeit.

8. Moulty von The Barbarians

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Sicherlich ist „Moulty“ der Barbarians ein „Novelty-Hit“ der Garage-Rock-Szene, aber tatsächlich von gewissem Erfolg gekrönt und zudem eine so kuriose Besonderheit, dass ich des Songs nie müde werde: Drummer Victor „Moulty“ Moulton war nämlich einhändig (take that, Def Leppard!) und spielte mit einer Prothese auf seiner linken Seite. Der Song „Moulty“ wiederum erzählt die Geschichte des Handverlusts und wie Moulton eben dennoch seine Band gründete und Musik ihm so die Lebenskraft zurück gab:

I remember the days when
Things were real bad for me
It was right after my accident
When I lost my hand

It seemed like I was all alone
With nobody to help me
You know, I almost gave up
All my hopes and dreams

But then, then, then something
Inside me kept telling me
Way down inside of me
Over and over again
To keep going on, yeah, on

Things are better for me now
Cause I found that I love music
So I learned to play the drums
And got myself a band and now
We’re starting to make it

9. Can’t Seem To Make You Mine von The Seeds

https://www.youtube.com/watch?v=G48q-u3GznY

The Seeds sind eine weitere der weitgehend vergessenen Bands der Garage-Rock-Explosion der Mitt-60er und hier mit einem ungewöhnlich melodisch-ruhigem Song vertreten, der abgesehen von Sky Saxons immer etwas näselndem Gesangs zwar wenig exemplarisch für ihren sonstigen, rauheren Sound steht (siehe auch: „Pushin Too Hard“) aber tatsächlich das erste Lied war, das die Seeds zusammen aufgenommen haben.

Kennengelernt habe ich „Can’t Seem To Make You Mine“ über die wunderbare „Acid Eaters“-Cover-Platte der Ramones, was auch passend ist, hat doch jeder und zwei mehr diesen unsterblichen Song schon gecovert: Alex Chilton, Johnny Thunders, Ramones, Garbage, Yo La Tengo…

10. Hooligans von Count Lasher

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Bereits Mitte 40 war Count Lasher als er den Hit „Hooligans“ aufnahm, der sich dem damals in Jamaica vorherrschenden Ska-Sound näherte. Lasher war zu diesem Zeitpunkt bereits ein großer Name auf der Insel und dort vor allem für die jamaikanische Ur-Musik Mento bekannt, aus der sich letztendlich Ska (und daraus dann ja wiederum Reggae) entwickelte.

Retrospektive 1966:
1966: Die besten Singles des Jahres #1 – #10
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Retrospektive 1965:
Retrospektive 1965: Songs, Alben, Filme

Im Rahmen einer groß angelegten Retrospektive, die auf eine Idee meines Freundes Lassie zurückgeht und in einem der letzten Podcasts mit Horst Motor zur Umsetzung gebracht wurde, blicken wir gemeinsam auf ein Jahr zurück und nominieren die besten Songs, Alben und Filme. Wer die Rankings der beiden ebenfalls lesen will und zudem die schöner aufbereiteten Listings finden will, kann sich hier auf motorhorst.de direkt vergnügen.

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